Privatdozent Dr. med. Olaf Schulz
Dr. med. Debora Brala
Fachärzte für Innere Medizin – Kardiologie
Praxis für
interventionelle u.
konventionelle
Kardiologie
GESUNDHEITSTIPPS
Körperliches Training zur Vermeidung von Herz-Kreislauferkrankungen – wie intensiv?
Es ist bereits in unserem Gesundheitstipp „Training bei koronarer Herzkrankheit“ zu lesen:
Schon der Wechsel eines körperlich inaktiven Lebens hin zu geringen Belastungen im Alltag wie der „Spaziergang mit dem Hund“ oder das Benutzen der Treppe anstelle des Fahrstuhls hat positiven Einfluss auf den Verlauf der häufigsten Herz-Kreislauferkrankung – der koronaren Herzkrankheit.
Eine andere Frage ist, welche körperliche Aktivitäten nötig sind, um ein Entstehen von Herz-Kreislauf-
Erkrankungen zu verhindern. Reichen hier mäßige Belastungen („der forsche Gang im chicken Jogging-Dress“) oder muss es ein wirkliches Training sein – ein Schwitzen, sich Mühen....?
Einzelne, sorgfältig durchgeführte Studien hatten hier kein einheitliches Bild („mehr hilft mehr“) vermitteln können.
Eine amerikanische Autorengruppe hat sich nunmehr die Mühe gemacht, die 500 aussagefähigsten, sorgfältigsten Studien zu dieser Frage zu analysieren. Das Ergebnis ist im American Journal of Cardiology publiziert worden (1).
Zurate gezogen wurden einerseits epidemiologische Untersuchungen über den Nutzen körperlicher Aktivität unterschiedlicher Intensität als auch klinische Studien über Training als Behandlungsmethode in unterschiedlicher Intensität.
Als Ergebnis konnte für beide Studienarten ein einheitliches Bild herausgefunden werden:
Die epidemiologischen Untersuchungen zeigten, dass bei körperlicher Aktivität von mind. 6 sog. metabolischen Äquivalenten (METs) sowohl eine deutlicherer Einfluss auf die berühmten Risikofaktoren (erhöhte Fettwerte, Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck) erzielt werden konnte als auch – und das ist schließlich der springende Punkt- das Risiko, Herz-Kreislaufereignisse (Herzinfarkt, Schlaganfall etc.) zu erleiden, deutlicher gesenkt werden konnte. Zur besseren Vorstellung: 6 MET als Grenze zwischen mäßiger und schwererer Belastung sind etwa wie Fahrradtraining mit 100W, forsches Gehen/langsames Joggen 4–5km/h, kurze Strecken schneller Rennen, Tennisspielen.
Auch die klinischen Studien zeigten in dieser Überschau, dass bei Training mit über 60% der sog. aeroben Kapazität (also über 60% der Belastungsstufe, bei der der aerobe Stoffwechsel zum inadäquat effektiven anaeroben Stoffwechsel übergeht) mehr Herzkreislauf-Risikofaktoren günstig beeinflusst wurden als bei weniger intensiven Belastungen. Ein positiver Effekt war hier im Einzelnen für den diastolischen Blutdruck (der zweite, niedrigere Wert einer Blutdruckmessung) und den Zuckerstoffwechsel durch höhere Trainingsintensität erkennbar. Für den systolischen Blutdruck (der erste Wert einer Messung), die Fettwerte und die Abnahme des Körperfetts waren keine Unterschiede durch unterschiedliche Belastungsintensität erkennbar.
Es wird geschlussfolgert, dass höhere Trainingsintensität nicht nur die Fitness deutlicher steigert, sondern auch das Voranschreiten von Herzkreislauferkrankungen besser verhindert, als mäßige Belastungen.
Also – es darf auch etwas Schwitzen sein... Zur Belastung fragen Sie Ihren Arzt, oder...viele Fitnessanbieter können hierzu auch beraten!
(1) Swain DP, Franklin BA. Comparison of cardioprotective benefits of vigorous versus moderate intensity aerobic exercise. Am J Cardiol 2006;97:141-7.
... wenn es denn Fisch sein muss: In welcher Zubereitung ist Fisch wirklich hilfreich als Nahrungsbestandteil zur Verhinderung von Herz-Kreislaufkrankheiten?
Dass Fischverzehr mit einer Abnahme von Herzkreislauferkrankungen verbunden ist (nachgewiesen sind die Abnahme von Herzinfarkten, Schlaganfällen, Tod an schweren Herzrhythmusstörungen, der Häufigkeit von Herzmuskelschwäche und Vorhofflimmern), ist bereits weithin bekannt. Für die Wirkung sind spezielle Fettbestandteile, die sog. Omegafettsäuren verantwortlich gemacht worden (Hintergrund ist, dass es unter den Fettbestandteilen für das Herzkreislaufsystem günstige und nicht günstige gibt – eine Verschiebung der Einnahme hin zu den günstigen, nicht aber eine zusätzliche Einnahme der günstigen zu unverändert hoher Einnahme der ungünstigen gilt allgemein als hilfreich).
Wenn also Fisch essen – dann welche Sorte und in welcher Zubereitung?
Eine ausgewiesene epidemiologisch forschende Arbeitsgruppe um D. Siscovick hat hierzu eine Subanalyse der Cardiovascular Health Study an 5073 älteren Personen vorgenommen und im Januar 2006 publiziert (1):
Während Thunfisch und anderer gebratener oder gebackener Fisch günstige Effekte auf die Funktion des Kreislaufs und des Herzens (Absenkung von Puls und Gefäßwiderstand, verbesserte Funktion des Herzens in der Erschlaffungs- und Ansaugphase des Pumpvorgangs, der sog. diastolischen Funktion) erzielte, war frittierter Fisch oder der Verzehr von Fischbrötchen (Fischburger!) sogar mit einer Verschlechterung verschiedener gemessener Parameter verbunden. Es zeigten sich häufiger im Ultraschall Störungen in der Herzmuskel-Kontraktion wie sie bei Patienten mit Herzkranzgefäßverengungen beobachtet wird, aber auch eine Abnahme der Herzgesamtleistung, eine Vergrößerung der Herzhöhlen (als Zeichen einer Herzschwäche!) und eine Zunahme des Gefäßwiderstandes.
Während die hier vorgestellte Untersuchung keine Aussagen über besonders vorteilhafte Fischsorten zulässt, eine wichtige Schlussfolgerung suggeriert sie (wenngleich sie in diesem Artikel nicht diskutiert wird): Schon das ungesündere Fett zum Frittieren scheint den „Fisch-Effekt“ auf Herz und Kreislauf umzudrehen, aber mehr noch: Ist nicht zu vermuten, dass die Verschlechterung der Herzfunktion bei den Studienteilnehmern mit häufigerem Verzehr von frittiertem Fisch oder Fisch-Burger auch daran liegt, dass es sich hier um Personen handelt, die auch insgesamt häufiger ungesünderes Fast-Food zu sich nehmen??
Also – „einmal in der Woche Fisch“ oder ähnliche Vorhaben werden vergleichsweise wenig bringen, wenn nicht auch ansonsten auf gesunde Ernährung geachtet wird.
Mozaffarian D, Gottdiener JS, Siscovick DS. Intake of Tuna or Other Broiled or Baked Fish Versus Fried Fish and Cardiac Structure, Function, and Hemodynamics. Am J Cardiol 2006;97:216-222.
Einnahme von Vitamin B6 / Folsäure hat keinen Einfluss auf das Auftreten von Herzkreislauf-Erkrankungen
Es ist allseits bekannt: Die herkömmlichen, sog. „großen“ Risikofaktoren (Diabetes mellitus, Hyperlipoproteinämie (hier v.a. die Cholesterin-Unterfraktion „LDL“), Bluthochdruck, Übergewicht, Rauchen, körperliche Inaktivität) sind eine wesentliche, aber nicht ganz vollständige Erklärung für das Auftreten von Herzkreislauf- Ereignissen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. So sind sicher Jedem Fälle aus „Verwandtschaft & Bekanntschaft“ erinnerlich, bei denen entweder trotz Fehlens dieser Risikofaktoren z.B. ein Herzinfarkt aufgetreten ist oder trotz aller „Sündhaftigkeit“ andere „trocken durch den Regen gehen“ und keine Herzkreislauferkrankungen bekommen.
Die Suche nach weiteren Faktoren, die das Auftreten von Herzkreislauferkrankungen erklären oder noch wichtiger: vorhersagen lassen, ist daher nur allzu verständlich.
Dabei ist man in den Neunziger Jahren in epidemiologischen Studien (das sind Untersuchungen in großen Bevölkerungsschichten) darauf gestoßen, dass ein erhöhter Spiegel des Homocysteins, eine sog. Hyperhomocysteinämie, mit einer höheren Rate von Herzinfarkten, aber auch Schlaganfällen vergesellschaftet war. Diese Ergebnisse waren umso mehr interessant, weil über Vitamine, v.a. Vitamin B6 und Folsäure, ein vergleichsweise einfacher Behandlungsweg zu erwarten war.
Diese Strategie wurde nun leider durchkreuzt. Auf dem diesjährigen Europäischen Kardiologenkongress im September in Stockholm wurde die 1998 in Norwegen initiierte Norvit-Studie präsentiert. Hier wurde an 3749 Patienten nach dreijähriger Behandlung gezeigt, dass Vitamin B6 und Folsäure Herzinfarkte nicht verhindern können.
Mit dieser Studie scheint auch die gesamte Homozystein-These vom Tisch zu sein.
1. In besagter Norvitstudie sank zwar nicht die Herzinfarktrate, aber der Homozysteinspiegel!
Homozysteinwerte sind daher offensichtlich doch kein verlässlicher Risikomarker.
2. Eine weitere Hoffnung, dass Homozystein auch mitbestimmt, welche Patienten ein sog. Statin (Statine sind derzeit die einzige Medikamentengruppe, die in der Lage ist, über Beeinflussung der Risikofaktoren Herzinfarkte und Todesfälle zu reduzieren) bekommen sollen, erfüllte sich ebenso nicht (P.M.Ridker, Circulation 2002;105:1776-79). Dies kann in Fällen mit weitgehend normalen Fettwerten bislang nur das CrP, ein Entzündungsmarker, der daher in einigen Fällen zu messen sinnvoll sein kann.
Fazit:
1. Die Einnahme von Folsäure und Vitamin B6 kann die Herzinfarktrate nicht beeinflussen. Mit dem Ziel, für Herz und Kreislauf etwas Gutes zu tun, müssen keine Vitamine gekauft werden. Eine hinreichend gesunde, abwechslungsreiche Kost ist hierfür völlig hinreichend.
2. Gegen eine Herzinfarktgefahr selbst aktiv zu sein, erfordert leider doch vornehmlich die schwierigen Aufgaben wie Nikotinverzicht und Gewichtsabnahme, wobei letzteres durch diätetische Maßnahmen und gleichzeitige vermehrte körperliche Aktivität erreichbar ist. Wie schön wäre es da gewesen, wenn man einfach eine Vitaminpille …
Training bei koronarer Herzkrankheit
Woher kommen verengte Herzkranzgefäße, Herzinfarkte und was hat körperliche Betätigung damit zu tun?
Verengungen bzw. Verstopfungen von Herzkranzgefäßen führen zur Unterdurchblutung des Herzmuskels, der Herzinfarkt ist die besonders schlimme Version, bei der das Gefäß völlig verschlossen ist, der Herzmuskel überhaupt kein Blut mehr in der betroffenen Region bekommt und abstirbt- dies ist dann der Herzinfarkt.
Zusammengenommen nennt man diese Erkrankung auch Koronare Herzkrankheit.
Zwei Ursachengruppen sind an der Entstehung der Koronaren Herzkrankheit beteiligt:
Die eine ist eine bestimmte „innere“ (individuelle, erblich bedingte) Neigung, diese Erkrankung zu bekommen. Diese genetischen Prädisposition können wir heutzutage nicht beeinflussen.
Eine zweite Ursachengruppe liegt in hohem Maße in unserer Hand: Es sind äußere, sog. Risikofaktoren. Große wissenschaftliche Untersuchungen an vielen Tausenden Menschen haben als die wichtigsten Risikofaktoren, die mit erhöhter Wahrscheinlichkeit für das Auftreten verengter Herzkranzgefäße und von Herzinfarkten einhergehen, folgende herausgefunden:
Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Fettstoffwechselstörungen (erhöhte Cholesterinwerte, v.a. der „schlechten“ Unterfraktion LDL), Rauchen, Bluthochdruck, Übergewicht und: körperliche Inaktivität. (Stress, im Übrigen, gehört nicht dazu!)
Diese Risikofaktoren sind durch unseren Lebensstil beeinflussbar und sollten beeinflusst werden, um das Auftreten bzw. Voranschreiten der Koronaren Herzkrankheit zu verhindern.
Jedes Mehr an körperlicher Betätigung – von vermehrten Alltagsbelastungen bis hin zu regelmäßigem Training – kann dazu beitragen, eine koronare Herzkrankheit zu verhindern bzw. zumindest günstig zu beeinflussen!
Trainingseffekte
Training nimmt indirekt Einfluss auf die Erkrankung, weil es auch viele andere Risikofaktoren „automatisch“ mit bekämpft: Es hilft bei der Gewichtsabnahme, bei der Beeinflussung von Diabetes und Fettstoffwechselstörungen, kann einen erhöhten Blutdruck bessern. Mehr und mehr werden aber auch direkte Einflüsse auf das Herz bekannt, z.B. eine bessere Herzmuskeldurchblutung durch Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes oder Bildung kleiner zusätzlicher Äderchen (sog. Kapillaren), letztlich treten bei trainierenden Patienten seltener Ereignisse auf wie bedrohliche Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkt, Herzversagen.
Welche Arten von Belastungen, Training, Sportarten?
Der größte Feind ist das Nicht(-Mehr-)Trainieren, die Art der Belastung, des Sports ist daher schon sekundär, Hauptsache man bleibt dabei! Faktoren wie eine gute Praktikabilität (z.B. Wohnortnähe), aber auch der berühmte Spaßfaktor sind wichtig bei der Wahl. Aus medizinischer Sicht sind ansonsten vor allem sog. dynamische Ausdauerbelastungen gut untersucht und hinsichtlich positiver Effekte belegt: Das sind z.B. Gehen (auch Nordic Walking), Joggen, Radfahren, Schwimmen. Diese Belastungen haben auch den Vorteil, dass die Belastung gut steuerbar/dosierbar ist. Erst später und unter genauerer Anleitung können auch andere Belastungsformen (statische/Kraftübungen) hinzukommen,
Welche Belastungsintensität ist dafür notwendig?
Bereits der Wechsel von der schweren körperlichen Inaktivität hin zu leichten Belastungen (z.B. regelmäßige Spaziergänge mit dem Hund, das häufigere Treppensteigen anstelle des Benutzens des Fahrstuhls o.ä.) ist hilfreich!
Eine deutlichere Beeinflussung der Prognose erfordert aber eine höhere Belastungsintensität. Nachdem Gefahren durch solche Belastungen ausgeschlossen sind (s.u.), hilft ein Belastungstest, die Leistungsfähigkeit näher zu bestimmen. Daraufhin kann ein Trainingspuls bestimmt werden. Der Arzt zieht dabei bestimmte Formeln heran, als grobe Orientierung dient etwa der 80%-Wert des maximal beim Belastungstest erreichten Pulses. Dieser Wert sollte bei den Trainingsbelastungen angestrebt, aber auch nicht überschritten werden.
Dauer und Häufigkeit:
Die besten Ergebnisse wurden immer dann erreicht, wenn der Patient mindestens 3-5x/Woche über 20–30min im Trainingspulsbereich trainiert. Da die koronare Herzkrankheit eine chronische Erkrankung ist, ist Training als (nebenwirkungsarme!) Therapieoption auch dauerhaft anzuwenden. Viele Effekte werden erst bei langwährender Anwendung erreicht.
Sind Belastungen nicht auch gefährlich? Wann darf ich trainieren? Welche Belastungsdosierung ist erlaubt?
Es ist wie bei den Medikamenten: Die eine Dosis wäre Gift, die andere Dosis wäre zu schwach, um zu wirken und nur eine bestimmte Menge führt zum gewünschten Effekt.
Es ist daher nicht paradox zu obiger Feststellung, dass körperliche Belastung, wenn sie nicht richtig dosiert wird, zu Beschwerden aber auch Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen, Herzversagen oder (neuem) Herzinfarkt führen kann.
Besteht bereits eine koronare Herzkrankheit, sollten kardiologische Untersuchungen vor Trainingsbeginn klären, ob und in welcher Dosierung Belastungen einerseits unbedenklich sind, andererseits aber den gewünschten positiven Einfluss auf die Erkrankung nehmen.
Aber auch Personen, die mit sportlicher Betätigung beginnen wollen ohne bereits eine koronare Herzkrankheit zu haben, sind eventuell zunächst ärztlich zu untersuchen. Beispielsweise ist ein Belastungstest (Ergometrie) für Männer über 40 und Frauen über 50 Jahre unbedingt angeraten, weil dann die statistische Wahrscheinlichkeit für eine koronare Herzkrankheit ansteigt.
Der Umfang einer Untersuchung ist aber immer individuell und wird in einem Arztgespräch zuvor mit Ihnen besprochen.
Gelegentlich ist es sinnvoll, vor neuen größeren sportlichen Belastungen bei bisher ganz offensichtlich gesundem Herz-Kreislaufsystem, eine genaue Beurteilung der Leistungsfähigkeit vorzunehmen. Auch dies Untersuchungen können wir anbieten, man muss aber wissen, dass diese Untersuchungen dann nicht immer von der Krankenkasse getragen werden.
In einigen Fällen schätzt der Arzt ein, dass Training zwar für die Erkrankung sinnvoll, wegen der Erkrankung aber nicht ganz ungefährlich ist. Es bietet sich in solchen Fällen die Teilnahme am sog. Koronarsport unter ärztlicher Aufsicht an. Hierzu muss eine ärztliche Voruntersuchung erfolgen, dann wird diese Maßnahme verordnet- auf einem Formular, das auch von der Krankenkasse abzuholen ist. Die Krankenkasse unterstützt den Koronarsport finanziell, überprüft aber vorher die Anträge. Nicht für alle Patienten reichen die Kapazitäten in den Koronarsportgruppen in Deutschland. Nach ärztlicher Konsultation kann aber in vielen Fällen ein Training z.B. in Fitnesszentren organisiert werden.
Wir beraten Sie hierzu gern, viele Informationen hierzu halten im Übrigen auch einige Krankenkassen dazu bereit!
Wichtig ist: Die Erfahrungen haben gezeigt: Der Nutzen einer vermehrten körperlichen Belastung/eines Trainings überwiegt eindeutig über der Gefahr einer Komplikation im Einzelfall, wenn ärztliche Untersuchungen durchgeführt und entsprechende Empfehlungen eingehalten werden. Es bleibt also der Spruch: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“.
Spaß am Bildschirm – kein Spaß für das Herz-Kreislaufsystem
Die Zivilisationsgesellschaft schafft wohl immer neue Risikofaktoren. Und dieser "Lebensstil" war als nicht gerade gesund eigentlich schon zu erwarten gewesen, nur systematisch untersucht war dies bislang noch nicht: Je nachdem, ob sich ein Mann <2, 2–4 oder mindestens 4 Stunden am Tag vor einem Bildschirm vergnügt, kommt es zu Herz-Kreislauf-Ereignissen und zu einer Gesamtsterblichkeit (also Sterblichkeit durch alle Ursachen, nicht nur durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen).
Wie eine renommierte amerikanische Zeitschrift in einer Ausgabe des vorigen Monats berichtete, untersuchte dazu eine australische Arbeitsgruppe eine vorbekannte schottische Studie, nach. Hierzu schaute sie, wie lange 4512 Männer ab einem Alter von 35Jahren zu Unterhaltungszwecken vor einem Bildschirm (Spielkonsolen, Pc, angeschlossener TV...) saßen. Die Zunahmerate (sog. Hazard Rate) für die Gesamtsterblichkeit betrug 1,52, die für (tödliche und nicht tödliche) Herz-Kreislauf-Ereignisse 2,30. D.h. die Männer, die mehr als 4 Stunden vor der Mattscheibe saßen, hatten im Nachbeobachtungszeitraum mehr als die doppelte Anzahl an Herzkreislaufereignissen als die Männer mit unter 2 Stunden solcher täglichen Freizeitbeschäftigung.
Nun kann man ahnen – klar, diese Männer sitzen länger rum, bewegen sich nicht und der Bewegungsmangel als ein Herz-Kreislauf-Risiko ist ja schon bewährt/bekannt, muss sagen berühmt/berüchtigt. Aber so einfach war der Sachverhalt in dieser Studie nicht! Die Ergebnisse wurden "adjustiert" (gemeinsam in ein statistisches Modell genommen) nach dem Ausmaß der körperlichen Aktivität dieser Personen. So musste man feststellen, dass nach Korrektor dieses Co-Risikofaktors die o.g. Ereignisraten nur unwesentlich geringer waren.
Das Körpergewicht (besser der so. body-mass index), Parameter des Fettstoffwechsels (HDL), aber v.a. auch entzündliche Parameter (der Labormarker CrP) haben hier eine Assoziation zu den Herzkreislaufereignissen und Todesfällen gezeigt und somit komplexe Schädigungsprozesse dargestellt.
Fazit Nr. 1: Mattscheibe macht (Herz-Kreislauf-) matt.
Fazit Nr. 2: Achten Sie auf Ihre Kinder! Der anwachsende Bildschirmkonsum in der nächsten Generation ist wohlbekannt und lässt offensichtlich neue Raten an Herzkreislaufereignissen in den nächsten Jahren befürchten.
E. Stamatakis et al., J Am Coll Cardiol 2011;57:292-9 / den Scottish Health Survey
2014 | Zur Deutschen Leitlinie zu Übergewicht und Fettsucht (Adipositas)
Zur Deutschen Leitlinie zu Übergewicht und Fettsucht (Adipositas) (Clinical practice guideline: The prevention and treatment of obesity. Dtsch. Arztebl. Int 2014;111:705-13)
Vollständig einzusehen und herunterzuladen unter: www.adipositas-gesellschaft.de
19.11.14
Bald nun ist Weihnachtszeit... die Jahreszeit, der man nachsagt, dass im Jahresverlauf hier die stärkste Gewichtszunahme stattfindet. Bester Moment also, auf eine in diesem Herbst im Deutschen Ärzteblatt erschienene Nationale Leitlinie (erarbeitet von einem Expertenteam von 10 deutschen Fachgesellschaften) zur Behandlung und Vorbeugung von zu vielen Pfunden zu berichten.
Zwar richtet sich die Leitlinie an behandelnde Spezialisten (Ärzte, Ernährungsberater), letztlich geht es aber um 24% der Bevölkerung, die an Übergewicht oder Fettsucht leiden.
Nachfolgend soll versucht werden, Eckpunkte dieser nach hohen wissenschaftlichen Grundsätzen erarbeiteten Leitlinie im allgemeinen Sprachverständnis vorzustellen.
Zunächst sind einige verwendete Begriffe vorzustellen.
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Body Mass Index (BMI)
Ein Parameter, der das Körpergewicht in Relation zur Körpergröße setzt, exakt der Quotient aus Gewicht (kg) / Körperhöhe (m) *Körperhöhe (m).
Bsp: bei 70 kg und 1,70 m ergibt sich 70/1,7*1,7= 70/2,89= 24.2
Norm: 19 – ≤25kg/m². Hiernach definieren sich:
Übergewicht: 25-30 kg/m², Fettsucht (Adipositas): ≥ 30 kg/m²
Ballaststoffe
unverdauliche Kohlehydrate aus Getreide, Hülsenfrüchten, Gemüse und Obst. Sie erwirken ein Völlegefühl und Sättigung ohne dem Körper dabei eine größere Menge Energie zugeführt zu haben. Anders herum: Betrachtet man überzählige Pfunde als überschüssige Energie, wird durch Ballaststoffe vergleichsweise weniger Energie zugeführt ohne ein Hungergefühl zu entwickeln. Ballaststoffe haben auch weitere Funktionen bei der Verdauung und wirken einigen Darmerkrankungen entgegen.
Energiedichte
eines Nahrungsmittels. Ist um so höher, desto mehr Kalorien pro Gramm Nahrungs-mittel enthalten sind. Hoch ist sie z.B. bei Schokolade, niedrig bei Ballaststoffen. Eine Diät orientiert (u. a.) auf den Verzehr von Nahrungsmitteln mit niedriger Energiedich-te (abgesehen von Produkten der Formuladiät)
low fat- /low carb-Diät
Diät mit bevorzugter Reduktion an Fetten/Kohlehydraten. Letztere war in den USA lange auch als Atkins-Diät verbreitet (nach seinem Protagonisten Robert Atkins)
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FETTSUCHT (ADIPOSITAS) – EIN KRANKHEITSBEGRIFF
Schlankheit ist nicht zwingend ein Schönheitsbegriff – schon wenn man Mode-Models mit medizinisch nicht ungefährlicher Magersucht bedenkt.
Fettsucht wird in der Leitlinie nicht als kosmetischer Makel abgehandelt. Sie ist nach Definition der Weltgesundheitsorganisation wie auch der Deutschen Adipositas-Gesellschaft eine chronische Erkrankung. Sie beruht auf eine Wechselwirkung von genetischen, Umwelt- und Lebensstilfaktoren und ist mit Folgeerkrankungen und erhöhter/früherer Sterblichkeit assoziiert.
Können z.B. genetische Faktoren im Einzelfall Hauptursache auch schwerster Adipositas-Fälle darstellen, sind Faktoren des Lebensstils statistisch in überwältigender Mehrheit die Hauptursache. Genetische Faktoren lassen die Auswirkungen eines falschen Lebensstils nur unterschiedlich stark "aufblühen".
Wichtig für die praktische Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen Genetik und Lebensstil ist aber: Selbst wenn genetische Faktoren mit eine Rolle spielen - die Änderung des Lebensstils bleibt der wichtigste, zumeist einzige Behandlungsansatz.
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VORSORGEMAßNAHMEN
Da der Anteil Übergewichtiger schon unter Kindern in den letzten Jahren zugenommen hat, aber mit zunehmendem Alter weiter ansteigt, wird in der Leitlinie für Maßnahmen plädiert, bevor Übergewicht entsteht.
Empfohlen werden:
- "bedarfsgerechte" Ernährung
- regelmäßige körperliche Bewegung
- regelmäßige Gewichtskontrolle.
Nach Sichtung vorliegender wissenschaftlicher Studien musste die Leitlinien-Expertenkommission feststellen, dass der Effekt einer Vermeidung energiedichter Lebensmittel (s. Schaukasten) nicht einhellig gesichert werden konnte. In jedem Falle wird zur Meidung/Reduktion von Alkohol, Fast Food und zuckerhaltiger Getränke geraten.
THERAPIE
Überprüfen Sie: Kaum eine Zeitschrift oder Zeitung kommt ohne Diätempfehlungen aus. Inzwischen reproduziert sich dies auch im Internet. Die Empfehlung ausgewählten Weglassens von Nahrungsbestandteilen ist zunächst vielfältig, bei längerem Verfolgen dieser Lektüre entdeckt man dann Wiederholungen.
Die nationale Leitlinie hebt hervor: Wesentlich ist, dass die Energiezufuhr gedrosselt wird. Welche Nahrungsbestandteile reduziert werden, ist nachrangig.
Präzisierungen dieser Empfehlung sind daher Energiemengen: Gewichtsreduktion wird erzielt, wenn ein Energiedefizit von 500 kcal/Tag erzielt wird. Darüber wird eine Gewichtsabnahme von 0,5kg/Woche über 3–6 Monate erzielt.
Der Begriff Energiedefizit macht auch verständlich, dass eine Zunahme des Energieverbrennens durch körperliche Aktivität und Reduktion der Energiezufuhr durch Diät gekoppelt werden können und sollen. Körperliches Training ist obligater Bestandteil einer gewichtsreduzierenden Therapie. Die darüber erzielte Gewichtsabnahme ist geringer als die durch Einhaltung klinisch getesteter diätetische Maßnahmen, hilft aber maßgeblich beim Erreichen und v. a. Aufrechterhalten eines Therapieerfolges.
Vor ausgeklügelten Ernährungstherapien helfen, v. a. bei stark Übergewichtigen, einfache Maßnahmen. In der Leitlinie wird hier leider auf eine kaum zugängliche Literaturquelle verwiesen.
Behandlungsziele:
Bei einem BMI zwischen 25 u. 35 kg/m²: Abnahme um > 5 % des Ausgangsgewichtes
Bei einem BMI > 35 kg/m: Abnahme um > 10 % des Ausgangsgewichtes
Lebensstiländerungen
Der hier angesagte Kampf gegen den berühmten "inneren Schweinehund" wird als Basis aller nächstfolgenden Maßnahmen definiert. Die Leitlinie weist ärztliche und Ernährungsberater darauf hin, für die Patienten individuell realistische Ziele zu set-zen, um Patientenmotivation zu gewinnen und aufrecht zu erhalten. Den Rest aber müssen die Patienten selbst bewältigen
Ernährungstherapie
Hier wird insbesondere die Reduktion der Zufuhr von Fetten und von Kohlehydraten verglichen. Im engl. der Vergleich der "low fat-" mit der "low carb(oanhydrates)-diet".
Die fettarme Diät ist sicher der Klassiker, die zuckerarme Diät (berühmt geworden u. a. durch die sog. Atkins-Diät, die stark auf die Zufuhr des dritten wichtigen Nahrungsbestandteils, den Eiweißen, abhebt) war mit der Vorstellung verbunden, noch besser zu sein. In der Leitlinie wird auf wissenschaftliche Daten verwiesen, die zeigen, dass zu Beginn einer Diätphase die "low carb"-Diät mehr Erfolge zeigt. Langfristig gleicht sich der Effekt beider Diäten aber an.
Viele Studien zeigen in einer Gesamtauswertung (sog. Metaanalyse), dass das Verhältnis der Nahrungsbestandteile Fette-Kohlehydrate-Eiweiße keine Bedeutung für den Diäterfolg hat.
Wichtig erscheint uns hier zu ergänzen, dass von der Nahrungsmittelindustrie angepriesene Produkte mit ach-so-wenig-Prozent-Fettanteil häufig zur besseren Kunden-Akzeptanz (und Verkaufsrate!) überdurchschnittlich gesüßt sind. Hier können Sie leicht den Teufel mit dem Belzebub austreiben, aber leider oft nicht abnehmen!
Alle wissenschaftlich fundierten Programme, egal auf welche Ernährungsbestandteile fokussiert, erreichen eine Gewichtsabnahme von 4 kg in 1-2 Jahren.
Eine spezielle Rolle spielt die mediterrane Diät – also Kost, die als traditionell für Mittelmeerländer gilt. Ihre Anwendung auch ohne Kalorienbegrenzung zeigte bei sorgfältiger Analyse nicht immer eine Gewichtsabnahme, aber zumindest eine Gewichtsstabilisierung. Darüber hinaus ist die hier stärkere Verwendung von pflanzlichen statt tierischer Fette auch ohne Gewichtsabnahme positiv für das Profil anderer Risikofaktoren für Herzkreislauf-Erkrankungen (gegen Fettstoffwechselstörungen, evtl. gar gegen Diabetes mellitus und Bluthochdruck).
Sollen speziell hinsichtlich Energie und Nahrungsmittelbestandteilen bilanzierte Produkte (sog. Formulaprodukte) zur Anwendung kommen, empfiehlt die Leitlinie wegen möglicher Nebenwirkungen unbedingt den Hinzuzug eines Arztes. Deswegen wird die Anwendung zumeist auch auf den Diätbeginn beschränkt (zugelassen für max. 12 Wochen), erwirkt dann aber eine Gewichtsabnahme von 0,5 bis 2 kg/Woche.
Hervorgehoben wird auch die Vermeidung einseitiger Nahrungsreduktionen wegen eines höheren Nebenwirkungsprofils.
Medizinische Trainingstherapie
Die Leitlinie empfiehlt Bewegung über mehr als 150 min/Woche mit einem Energieverbrauch von 1200-1800 kcal.
Körperliches Training ist für eine Gewichtsabnahme eine unterstützende Maßnahme. Der Gewichtsverlust durch körperliches Training ist vergleichsweise gering und wird am ehesten erzielt durch folgende Faktoren:
- Trainingsaktivität mäßig bis hoch
- hohe Belastungsdauer
- Einbezug großer statt (nur) kleiner Muskelgruppen (daher ist Gehen/Laufen auch besser als Radfahren!)
- Anwendung dynamischer (Bewegung!) eher als statischer (Kraftausübung mit geringer oder keiner wesentlichen Bewegung) Belastung.
Erreichbare Ergebnisse: 2 kg Gewichtsabnahme, 6% Abnahme viszeralen Fettgewebes in 6-12 Monaten.
Wichtig ist aber: Körperliches Training hat weitere positive Effekte auf Stoffwechselprozesse, Herzkreislauf-Erkrankungen und – nicht zu vernachlässigen – die Psyche.
Ich hatte die Gelegenheit, einer Expertengruppe aus Kardiologen, Rehabilitationsmedizinern und Sportwissenschaftlern anzugehören, die eine nationale Leitlinie zum körperlichen Training bei Herz-Kreislauferkrankungen erarbeitet und publiziert hatte (Bjarnason-Wehrens B, Schulz O et al, Clin Res Cardiol 2009; Suppl4:1-44). Sie können daher auf unserer noch jungen Webseite sicher bald noch mehr zu diesem Thema erfahren.
Psychologische Betreuung
hat in der Leitlinie zwei Aufgabenkomplexe zu erfüllen:
1. die psychologische Beratung bei der Lebensstiländerung. Hier gibt es eine Fülle von Ansätzen: z.B. Erkenntnis über die vorhandene Erkrankung und ihrer Entstehungsfaktoren, Hilfe bei der Motivation und Selbstkontrolle, Beeinflussung von Hungergefühl und Appetit, Verarbeitung von Erfolgen und Misserfolgen/Rückfällen. Gelegentlich ist eine komplexe Verhaltenstherapie nötig. Hierzu sollten Sie ggf. Ihren Arzt ansprechen.
2. die Betreuung von Folgen (soziale Unterstützung, Folgeerkrankung wie z.B. Depression).
Medikamente
spielen eine sehr untergeordnete Rolle, werden nur in besonders schweren Fällen und unter Berücksichtigung von (zuweilen nicht unerheblichen) Risiken und Nebenwirkungen ärztlich verordnet.
Chirurgische Behandlungsverfahren
werden noch seltener und strenger gehandhabt, haben aber in besonders schweren Fällen einen Stellenwert erlangt, der in der Leitlinie ebenso diskutiert wird.
Diese Behandlungsformen kommen nur in speziellen Fällen und nur nach ausführlichen Beratungen und Untersuchungen zur Anwendung.
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ZUSAMMENFASSUNG "IN SPRÜCHEN"
Empfehlungen aus der Leitlinie, eigene Ratschläge darüber hinaus und wie sie in landläufigen Sprüchen und Begriffen widergespiegelt werden
Die fetten Jahre sind vorbei
Stimmt nicht! Die Anzahl Übergewichtiger hat in Deutschland zugenommen.
Es gibt nichts Gutes, außer man tut es
Dies betrifft die Komplexität des Vorgehens (sowohl Diät als auch körperliches Training) als auch die Beständigkeit. (Reduziertes) Gewicht zu halten ist oft schwerer als zu verlieren.
Viele bunte Anleitungsseiten helfen sonst nicht weiter!
Beine-Bauch-Po
Dies ist wohl ein kleiner Schummel in der Fitness-Szene. Bitte lesen Sie die Ausführungen zur Energiebilanz! Auch die körperliche Aktivität in Form z.B. eines Bauchmuskeltrainings reduziert die Energiebilanz – aber des gesamten Köpers. Ein Bauchmuskeltraining lässt nie gezielt überschüssige Energie (Fettzellen) an bestimmter Stelle dahinschmelzen. ABER: Sie erreichen mit einem so fokussierten Trainingsprogramm gestrafftere Muskeln unter derselben Bauchfalte!
Fat burner
Es geht die Mär um von Trainingsprogrammen, die gezielt Fette verbrennen sollen. Ganz frei von einem wissenschaftlichen Hintergrund ist diese Vorstellung zwar nicht. Belastungen mäßiger Intensität regen in der Tat besonders Stoffwechselprozesse an, die mit einer Verbrennung von Fetten verbunden sind. ABER vergessen Sie auch hier nicht: Eine intensivere Belastung beeinflusst die Energiebilanz entsprechend stärker. Sind dann Kohlehydrate als "Energiekurzspeicher" in einem bestimmten Maße verbrannt, wird mehr auf Fette zur Energiegewinnung zurückgegriffen. Und dieser Sachverhalt überflügelt den Fettabbau durch geringere Belastungsintensität (im Bereich gezielter Fettverbrennung) bei weitem.
Fun factor
Besonders strenge Diäten oder Trainingsprogramme helfen wenig, wenn sie nicht durchgehalten werden (können). Macht ein Programm mehr Spaß (oder ist mit weniger Unlust verbunden), wird aber aufrechterhalten, erreichen Sie mehr für Ihre Gewichtsziele!
Ich esse ja schon nichts, bei mir liegt es in den Genen
Sicher kennen auch Sie Menschen, die trotz reichlicheren Verzehrs schlanker sind und umgekehrt, (wirklich) strenge Diätbemühungen individuell unterschiedliche Erfolge erzielt.
In der Tat gibt es genetische und konstitutionelle (leichter verbrennendes "braunes" Fettgewebe als "weißes" Fettgewebe) Faktoren. Ihre Erforschung ist noch sehr unvollständig, zeigt aber genetisch bedingte Differenzen bei Hunger und Appetit, "Verwertung" und Abbau von Nahrungsbestandteilen.
ABER: So spannend und bedeutsam diese Faktoren auch sind, sie werden leider zu häufig überschätzt. Sie erklären schließlich auch nicht die Zunahme von Fettsucht in den letzten Jahren, ihre Häufung speziell in den Ländern von Mc Donalds & Co!
So ist die erste negative Botschaft in diesem Zusammenhang, dass sich in den meisten Fällen hinter diesem Spruch dennoch „Diät"fehler" (und körperliche Inaktivität) verbergen. Die genetische Maske des inneren Schweinehundes sozusagen.
Die zweite negative Botschaft: Selbst für Patienten, bei denen solche inneren Faktoren WIRKLICH eine Rolle spielen, führt kein Weg an Diät und körperlichem Training vorbei. Ganz im Gegenteil. Gerade bei diesen Patienten kann eine strenge Diät und striktes Training noch Ärgeres verhindern.
Insulinbeginn und Nikotinstopp sind Schuld
Beide gehen häufig einher mit einer (weiteren) Gewichtszunahme. Die Leitlinie resümiert: Hier helfen oft nur spezielle Betreuungsprogramme.
Internet, PC, TV
gehen nicht durch den Magen. Jedenfalls nicht physisch. Aber einen Anteil haben sie an der Zunahme von Übergewicht in der Bevölkerung. Und dies schon ohne neben-her verzehrter Chips- oder Popcorntüte!
Achten Sie auf Ihre Kinder! So rollt eine Welle von Stoffwechselerkrankungen heran!
Knie, Hüfte und der Rücken...
...leiden ebenso unter dem Übergewicht. Schließlich müssen diese die zusätzlichen Pfunde (er)tragen und bewegen. Sind die Gelenke erst mal richtig krank, entsteht durch größere körperliche Inaktivität ein Teufelskreis mit weiterer Gewichtszunahme. Dieser kann nur durchbrochen werden, wenn Trainingsformen mit Bewegungsabläufen gefunden werden, die die kranken Gelenke aussparen aber dennoch eine Muskelaktivität/Verbrennung gewährleisten. Hier hat meiner Meinung nach die gesamte Fitness- und Rehabilitationsszene noch Reserven in Angeboten spezieller Trainingsmöglichkeiten.
ABER: Evtl. versuchen Sie es auch selbst! SIE erkennen, wann das Gelenk nicht schmerzt, Sie aber durch eine Übung anderer Muskelgruppen so richtig erschöpft sind!
2015 | Stent... dann wie weiter? Welche Untersuchungen?
Ein Schwerpunkt unserer Praxis ist die Diagnostik und Behandlung kardiologischer Erkrankungen im Herzkatheterlabor. So betreuen wir viele Patienten, die im Rahmen der Behandlung an Herzkranzgefäßen einen Stent bekommen haben (eine metallische Gefäßstütze).
Sie finden folgende weiterführende Informationen unter Info Patienten
➔ Aufklärungsbogen Katheterintervention (PTCA/Stents)
➔ METHODENERLÄUTERUNG "Ballonaufweitung und Stentversorgung verengter Koronararterien"
„Moderne" Stents haben eine Beschichtung mit Medikamenten (sog. "drug eluting stents", DES), um eine Wiederverengung zu verhindern. In der Tat, die Wiederverengungsrate nahm erfreulich ab, in einigen wissenschaftlichen Studien hatten nur noch weniger als 10 % der Patienten diesen Krankheitsverlauf. Das waren rund 1/3 der Wiederverengungsraten bei unbeschichteten Stents (BMS). In Studien werden aber oft Patienten besonders ausgesucht, um „den reinen Effekt" einer Behandlung zu analysieren. Bei breiter praktischer Anwendung haben Patienten viel häufiger Begleiterkrankungen, richten sich leider auch seltener nach medizinischen Verhaltensempfehlungen. Folge ist, dass die Wiederverengungsrate außerhalb solcher Studien (sog. „real world scenario") leider oft etwas höher ausfällt.
Eine Arbeitsgruppe aus München hat kürzlich Daten von über 10.000 Patienten veröffentlicht (Cassese S, European Heart Journal 2015; 36:94). 46 % wurden mit BMS versorgt, die restlichen mit DES. Diese Patienten wurden 6 – 8 Monate später erneut mit einem Herzkatheter untersucht. Bei diesen Untersuchungen fand sich eine Wiederverengungsrate von 26,4 %.
Eine sich anschließende Nachbeobachtung zeigte dann, dass Patienten, die 6 – 8 Monate nach Stentimplantation eine Wiederverengung zeigten, dann eine höhere Sterblichkeit nach 4 Jahren hatten.
Die Forschergruppe warf daher die Frage auf, ob routinemäßig nach einigen Monaten ein Kontroll-Herzkatheter erfolgen soll.
Wir denken, dass noch weitere, diese These stützende Ergebnisse nötig sind, bevor man Monate später allen Patienten einen erneuten Herzkatheter zumuten muss. Die Empfehlungen der Fachgesellschaften tun gut daran, eher auf sorgfältige „katheterfreie" Nachbeobachtung zu setzen. Eine nochmalige Koronarangiographie ist nur erforderlich, wenn z.B. wieder typische Beschwerden wie vor dem Stent auftreten oder nicht invasive („unblutige", d.h. ohne Katheter) Methoden Hinweise auf eine erneute Unterdurchblutung des Herzmuskels liefern. Wir nehmen dazu Fahrradbelastungen oder Stressechokardiographien vor, manchmal überweisen wir dafür zu einer Myokardszintigraphie oder einer MRT-Untersuchung.
Dass diese Kontrolluntersuchungen aber wichtig sind, wird durch ein weiteres Ergebnis der hier vorgestellten Studie unterstrichen: Unter den beschwerdefreien Patienten wurden 6 – 8 Monate nach Stentimplantation immer noch in 18,4% eine Wiederverengung gefunden. Deren Prognose ist aber nicht besser als bei den Patienten mit Wiederverengung und Beschwerden. D.h. wenn auch kein Kontrollkatheter, eine Nachuntersuchung ist unbedingt in empfohlenen Abständen angeraten! Im Zweifel – fragen Sie uns gerne!
2016 | Light my fire... sind E-Zigaretten eine Lösung?
Dass Rauchen die Gesundheit schadet, weiß jeder und bekommt spätestens mit abschreckenden Bildern auf Zigarettenschachteln Nachhilfe zum Verständnis.
Diese Bilderkampagne und (wahrscheinlich mehr noch) die Verbannung des Rauchens aus vielen öffentlichen Räumen wie z.B. Restaurants hat durchaus auch bereits Erfolge erzielt. Dennoch liegt die Zahl der Raucher in Deutschland noch zwischen 20 u. 30 % und Rauchen bleibt eine der 6 wichtigsten Ursachen der Arteriosklerose= Gefäß“verkalkung“, -„verengung“ mit den Folgen Herzinfarkt, Schlaganfall, aber auch der arteriellen Verschlusskrankheit (sog. „Raucherbein“).
Für viele Raucher ist die Sache nicht nur klar, sondern auch der Wunsch groß, sich dieses Lasters zu entledigen. Ein wirksamer und zugleich erträglicher Weg wird aber zu selten gefunden. Als noch relativ neue Lösung findet die sog. E-Zigarette im Moment Verbreitung. Zumindest scheint dieser Weg der Entwöhnung erträglicher als andere zu sein. Und, beobachten Sie mal selbst auf der Straße, man hat den Eindruck, einige Nutzer dieses Hilfsmittels finden dies auch richtig schick, oder? Aber entwöhnt es denn effektiv? Oder wechselt man nur auf ein teureres Mundstück?
Eine zunehmende Zahl an Fachpublikationen zeugt zumindest davon, dass sich Spezialisten und Fachgesellschaften hier noch nicht sicher sind. Das betrifft sowohl die Entwöhnungsrate auf diesem Wege als auch die Diskussion, ob der „elektronische Ersatz“ wirklich weniger gefährlich ist. Zwar entfällt der Einfluss des Teers, dafür kommen andere Schadstoffe hinzu, wie z.B. der Krebsverursacher (Karzinogen) Formaldehyd, wie M. McKee und S. Capewell aus Liverpool in einer Übersicht hervorheben (British Medical Journal 2015;351, h463). Mehr noch: Es ist stark anzunehmen, dass die Vorstellung der geringeren Gefährlichkeit Menschen zur E-Zigarette verführt, die sonst nicht Raucher geworden wären! Oder dazu führt, dass wieder mehr Menschen mit kaltem Rauch belästigt werden. Die englischen Kollegen bezweifeln so z.B. die Ungefährlichkeit einer benutzten E-Zigarette im Auto für ein mitfahrendes Kind.
Kern der Publikation ist eine Nachanalyse von 76 Studien zu Schaden und Nutzen von E-Zigaretten. Die Erstanalyse hatte die Abteilung des britischen Gesundheitsministeriums „Public Health England“ im August 2015 dazu „verführt“, zu verbreiten , dass E-Zigaretten zu 95 % weniger schädlich seien. Die Nachanalyse aber belegte erhebliche Mängel in der Durchführung dieser Studien einschließlich Interessenskonflikten durch Sponsoring dieser Studien durch die Tabakindustrie!
Im April 2016 erschien ein Statement im New England Journal of Medicine (2106;374:1301 Green S.H.), dass auch die US-Amerikanische Position in klarer Opposition zu Public Health England steht. Das „Center for Disease Control and Prevention“ der USA warnt strikt vor den Risiken der E-Zigaretten.
Es bleibt dabei - am besten, man fängt nicht erst an.
Das heißt v.a. Jugendarbeit, harte Überzeugungsarbeit. Soeben erschien im New England Journal of Medicine (2016;374:1601, Morain SR) eine Analyse, dass ein Anheben des Alters für ein Rauchverbot bis 21 Jahre (nicht wie bisher nur in einigen US-Staaten, sondern landesweit) die Raucherzahl bei Jugendlichen um 12 % senken ließe, insgesamt dann 12,5–18 % für alle Altersgruppen. Ebenso könnten 249000 nikotininduzierte Todesfälle, 45000 Fälle mit Lungenkrebs in den USA vermieden werden ...
2018 | Fisch, Fischöl und kleine, aber wichtige Details (EPA)
Dass der Teufel hier im Detail steckt, war schon länger bekannt: Aus der Kenntnis, dass Fisch, am besten mehrfach in der Woche verzehrt (sowieso eine gute Ergänzung für eine abwechslungsreiche Ernährung) einen positiven Einfluss auf das Auftreten von Herzerkrankungen hat, kann nicht geschlussfolgert werden, dass Fischöle, Omega-3-Fettsäuren Herzkreislauferkrankungen verhindern/eindämmen und v.a. Ereignisse (Infarkte, Schlaganfälle, Todesfälle) reduzieren. Dies haben mehrere große internationale Studien belegt, auch wir haben hier schon an dieser Stelle berichtet (siehe unseren Artikel „Wenn es denn Fisch sein muss...“) Auch die letzte so konzipierte Studie mit dem Namen „VITAL“ reproduzierte dieses Ergebnis – an 25.871 untersuchten Menschen über 50 Jahre, die noch keine Herz-Kreislauferkrankung hatten (man spricht dann von einem primärpräventiven Einsatz).
Wenn das bei so vielen untersuchten Menschen zutrifft und diese Studie nur frühere Studien bestätigt, dann scheint also alles klar: Den Fisch frisst die Katze und Fischöl ist für die Katz...
Nun konnten Besucher des amerikanischen Kardiologenkongresses „AHA“ vor einer Woche in Chicago und Leser des New England Journal of Medicine (durch die zeitgleiche Publikation online 10.11.18) anderes erfahren. An beiden Orten wurde neben „VITAL“ noch eine weitere Studie namens „REDUCE IT“ präsentiert. Und diese mit erstaunlich guten Ergebnissen: Diese Studie zeigte eine Abnahme der statistisch einzeln und in unterschiedlichen Kombinationen erfassten Ereignisse Tod durch Herz-Kreislauferkrankung, nicht tödlicher Herzinfarkt, Schlaganfall um in Größenordnung 25-30%!
Was ist passiert? Wer hat Fehler gemacht? Wer „lügt“? Oder taugen all diese Studien nichts, die Ergebnisse sind beliebig? Mitnichten!
Und hier kommen die kleinen Details zur Sprache. Ja, beide Studien handeln von Omega-3-Fettsäuren und zielen auf fatale Ereignisse durch Herz-Kreislaufereignisse ab. Aber das war es schon an Gemeinsamkeiten.
1. Die Menschen, die in der REDUCE IT –Studie untersucht wurden, hatten zumeist schon Herz-Kreislauferkrankungen oder einen Diabetes mellitus (der ja häufig Kreislauferkrankungen bewirkt). Es waren also Patienten und nicht Gesunde wie in der „VITAL“-Studie.
2. Die Patienten hatten in der REDUCE IT-Studie nicht schlechthin Fischölkapseln eingenommen. Hier wurde nur die Omega-3- Fettsäure EPA (Eicosapentaensäure) verabreicht. Zu den ungesättigten Fettsäuren gehören nämlich außerdem noch die (aus Pflanzen stammende) α-Linolensäure und die ebenfalls aus Fischöl stammende Docosahexaensäure. Letzterer schreibt man inzwischen zu, dass sie im Unterschied zu EPA die Arteriosklerose-fördernde Cholesterinfraktion LDL eher anhebt.
3. Wurde in der REDUCE IT Studie EPA in recht hoher Dosis verabreicht.
Welcher der 3 Faktoren einen besonderen Einfluss auf das positive Ergebnis der REDUCE IT-Studie hatte, ist noch nicht zu sagen.
Bestätigen sich die erfreulichen Ergebnisse aber in weiteren zukünftigen Untersuchungen, lässt sich zusammenfassen:
Mehrfach Fisch in der Woche: Ja. Fischölkapseln: Nein. EPA hochdosiert: Ja.
Soviel Fisch muss sein, so viele Details müssen sein.
2019 | Neue Empfehlungen der Europäischen Fachgesellschaft („ESC“)
zur Koronaren Herzkrankheit im stabilen Stadium
Unsere Praxis hat als Profilbesonderheit, dass wir die Betreuung der Patienten mit Erkrankungen der Herzkranzgefäße (Koronare Herzkrankheit) bis hin zur Diagnostik und Behandlung mit Herzkatheter, Ballons und Stents vornehmen. Daher war das Erscheinen der neuen Behandlungsleitlinie zur stabilen Koronaren Herzkrankheit der Europäischen Kardiologischen Gesellschaft für uns besonders interessant und wichtig.
Wenn man dabei als Leser auf eine völlig neue Methode (nach Bypass-OP, Ballons, Stents...) oder neue Medikamentengruppen hofft, so können nachfolgende Zeilen evtl. enttäuschen, obwohl es auch hierzu interessante Informationen gibt.
Das Besondere in der Neuauflage der Empfehlungen zur stabilen Koronaren Herzkrankheit besteht eher in geänderten Wichtungen schon bestehender Verfahren. Aber diese sind nicht minder interessant und mitteilenswert.
sog. Vortest-Wahrscheinlichkeit
Eine erste Aufmerksamkeit erregende Feststellung entstammt epidemiologischen-statistischen Betrachtungen. Traditionell werden aus einfachen Kriterien wie Alter, Geschlecht, (für diese Erkrankung) typische Beschwerden und EKG-Veränderungen tabellarisch sog. Vortest-Wahrscheinlichkeiten abgeleitet, ob eine Untersuchung einen krankhaften bzw. gar prognostisch bedeutsamen Befund ergibt.
Hieraus ergeben sich Betreuungsempfehlungen, z.B. ab wann eine Untersuchungsmethode durch eine bestimmte „Trefferquote“ sinnvoll ist, herangezogen zu werden. Oder mit einer Untersuchung abgewartet werden kann, ohne eine hohe Gefahr zu zulassen, dass ein Erkrankungsfall verpasst wird.
Es zeigte sich nun (Datenanalyse an fast 16.000 Patienten!), dass die Wahrscheinlichkeit, durch Untersuchungen auf eine bedeutsame koronare Herzkrankheit zu stoßen, doch geringer ist, als früher errechnet und für Betreuungsentscheidungen herangezogen wurde.
Unverändert ist die Erkrankung aber nicht harmlos, wie wir an noch immer häufigen Herzinfarkten in Deutschland erkennen. Um diese Fälle rechtzeitig zu erkennen, wird um den bestmöglichen Einsatz diagnostischer Verfahren gerungen.
Belastungs-EKG
Besonders heiß diskutiert wird, auch über die neue Leitlinie hinaus, der Stellenwert des einfachen Belastungs-EKG´s (Ergometrie). Diese Methode ist ungenau, so dass sie, so weit möglich, durch genauere Bild gebende Diagnostik ersetzt werden sollte. Andererseits wird in der großen Häufigkeit der Erkrankung auf eine Ergometrie zumindest als orientierender Test nicht verzichtet werden können. V.a. dort, wo andere Methoden eingeschränkt zur Verfügung stehen, bspw. in einigen osteuropäischen Ländern, aber auch im ländlichen Raum „reicherer“ europäischer Staaten.
Sog. Bild gebende Verfahren zur Messung der Muskelunterdurchblutung (Ischämie)
Wir nutzen wie auch Sie selbst evtl. feststellen konnten, entsprechend den aktuellen Empfehlungen schon traditionell ganz häufig weiterführende, genauere Methoden wie Stressechokardiographie, Myokardszintigraphie (als nuklearmedizinisches Verfahren), gelegentlich auch ein Stress-MRT. Eine Ergometrie verwenden wir nur, wenn sie als orientierender Test im gegebenen Moment der Betreuung einen gewissen Nutzen hat.
Unsere Praxis vertritt, wie alle Fachgesellschaften und wie viele Kolleginnen und Kollegen auch, die Meinung, dass in Deutschland unvertretbare Hürden zur Nutzung eines Kardio-MRTs fortbestehen.
Für diese strahlenfreie, sehr informative Methode steht bis heute - entsprechend den Empfehlungen damit befasster nationaler und internationaler Fachgesellschaften – eine Kostenübernahme von den gesetzlichen Krankenkassen aus.
Koronar-CT
Immer genauer werdende Techniken erhöhen alternativ die Möglichkeit, nicht nur die Unterdurchblutung des Herzmuskels zu erfassen (worum es bei diesen Patienten eigentlich geht), sondern auch die Beschaffenheit der diese Herzmuskelzonen versorgende Herzkranzgefäße (Koronararterien) zu diagnostizieren. Insbesondere das Koronar-CT hat Fortschritte gemacht und ist in der Bedeutung durch die Fachgesellschaft aufgewertet worden.
Herzkatheter
Wann bleibt dann noch die Notwendigkeit zur Durchführung eines Herzkatheters? In erfreulich absteigendem Maße, wenn die Vordiagnostik Zweifel am Vorliegen der Erkrankung aufrechterhält und unverändert dann, wenn all diese Untersuchungen auf eine bedeutsame Erkrankung hinweisen. Denn alle genannten Tests haben gemeinsam, dass sie nicht gleich auch eine Behandlung vornehmen können. Dies erfolgt dann erst im Herzkatheterlabor nach Darstellung der Herzkranzgefäße (Koronarangiographie). Dazu wird in ca. 90% der Fälle eine Ballonaufweitung mit (fast regelhaft medikamentenbeschichteten) Stents vorgenommen, in einigen Fällen wird eine Bypass-OP nötig.
Aber auch für das Herzkatheterlabor hält die neue Fachgesellschaftsleitlinie neue Wichtungen bereit: Weiter aufgewertet wird der in den letzten Jahren etablierte Hinzuzug von funktionellen Messungen der in der Koronarangiographie gesehenen Gefäßverengungen. Sollten o.a. Bild gebende Verfahren zur Darstellung einer Unterdurchblutung des Herzmuskels fehlen oder keine sicheren Befunde erbracht haben, wird in den allermeisten Fällen dann auch zu einer Messung des Blutflusses in den Herzkranzarterien geraten. Entsprechend hat auch unsere Praxis in den letzten Jahren diese Methoden zunehmend hinzugezogen.
Haben sich dafür andere Dinge überholt bzw. sind abgewertet worden?
Ja, zwangsläufig erübrigen sich einige Dinge. Abgewertet wurden z.B. einige Messungen an den Halsgefäßen „einfach mal so als Check“. Daraus wurde früher mehr abgeleitet, dass dann auch Verengungen an den Herzkranzgefäßen vorliegen. Dasselbe gilt für Koronar-CT-Untersuchungen „einfach mal so als Check“, obwohl o.g. Vortestwahrscheinlichkeit gering ist. Klar Stellung bezogen hat die Europäische Fachgesellschaft zur Hormonersatztherapie bei der Frau in Wechseljahren: Es wird nun eindeutig davon abgeraten.
Noch Fragen? Gern stehen wir für Sie in der Sprechstunde zur Verfügung.
2021 | Blutdrucksteigernde Faktoren – Weiter „Salz in der Suppe“
Zu hoher Salzkonsum gehört seit langem zu den wichtigen beeinflussbaren Faktoren eines (erhöhten) Blutdrucks. Dementsprechend wird eine salzarme Kost neben einer Gewichtsabnahme (bei Übergewichtigen) und einer körperlichen Aktivität (sofern der Patient nicht schon ausreichend sportlich aktiv ist) als besonders geeignete Methode gesehen, auch ohne Medikamente einen blutdrucksenkenden Effekt zu erzielen.
Zugleich weiß man seit langem, dass im Unterschied zu den anderen beiden Maßnahmen (Gewichtsabnahme, Training) doch eine nicht unerhebliche Patientengruppe einen Bluthochdruck hat, der unabhängig vom Salzkonsum zu sein scheint. Neben der Schwierigkeit gerade in den sog. Industriestaaten, den Salzkonsum überhaupt richtig zu messen (wir billigen unserer Nahrungsgüterwirtschaft die Verwendung „versteckter“ Salzmengen zu, gerade bei konservierten Produkten), spielen diverse Mechanismen der Bluthochdruckentstehung eine Rolle. Schon in den Achtziger Jahren sprach man von Salz-„Respondern“ und „Nonrespondern“ (Personen, die auf Salz mit dem Blutdruck ansprechen oder nicht).
So ist es nicht ganz verwunderlich, dass weitere Forschungen unterschiedliche Ergebnisse zur Bedeutung unseres Salzkonsums für den Bluthochdruck und die Gesundheit insgesamt hervorbringen.
Geradezu einen Sturm an Diskussionen hat eine kürzliche Publikation eines bekannten Altmeisters der Hypertonieforschung hervorgebracht, dessen Arbeitsgruppe einen riesigen Datensatz aus 46 Ländern (!) auswertete... und zeigte, dass ein höherer Salzkonsum direkt mit der „Erwartung eines gesunden Lebens vom Zeitpunkt der Geburt aus betrachtet“ (healthy life expectancy at birth) verbunden war und umgekehrt mit der Gesamtsterblichkeit korrelierte (höherer Salszkonsum - geringere Gesamtsterblichkeit) (Messerli F. et al., European Heart Journal 2021; 21: 2103-2112).
Noch 2016 zeigte eine Metaanalyse (Studie durch Auswertung vieler Originalstudien), dass die Salzmenge von 3-5Gramm/Tag die niedrigste Rate an Herzkreislaufereignissen (Schlaganfälle, Infarkte) verursacht. Sowohl ein höherer, als auch ein niedrigerer Konsum zeigte mehr solcher Ereignisse. Die Kurve „Ereignisrate pro Salzkonsum“ ergibt hiernach die Form des Buchstaben „U“ (Graudal N., American Journal of Hypertension 2016; 29:543-8).
Erwähnenswert ist eine große (21000 Studienteilnehmer) chinesische Studie. Hier wurden in einer Langzeitbeobachtung v.a. Ältere, zumeist nach Schlaganfall, zweier Regionen verglichen: In der einen Region wurde der Salzkonsum unbeeinflusst belassen, in der anderen wurde ein Gemisch aus Speisesalz (Natriumchlorid NaCl) und 25% Kaliumchlorid (KCl) gegeben (Neal B. New England Journal of Medicine 2021;385:1067-77). Das Ergebnis, eine Blutdrucksenkung und deutlich geringere Rate an Herz-Kreislaufereignissen in der Region, in der das Salzgemisch mit KCl verwendet wurde), führte in den Fachdiskussionen zur klaren Feststellung: An der Empfehlung eines gering dosierten Salzkonsums führt kein vernünftiger Weg vorbei.
So bleibt die Empfehlung der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie in ihrer letzten Leitlinie (Williams B, Eur Heart J 2018; 39: 3021) unverändert: Versuch, den Salzkonsum auf 3-5 gr/Tag zu beschränken. Zu besonders guten Respondern werden Ältere, Schwarze sowie Patienten mit Diabetes oder Nierenerkrankungen gezählt.
Auch wenn die Forschung noch viele Aspekte besser zu klären hat, können wir uns dem nur anschließen.
2022 | COVID-19 und akute Herz-Kreislaufereignisse
Die Epidemie dieser Erkrankung hält alle nun ca. 2 Jahre im Würgegriff, auch
die, die nicht erkrankten oder Krankheitsfälle im engen Umfeld zu erleiden hatten.
Patienten mit Herz-Kreislauferkrankungen haben besonders darunter zu leiden.
Die Maßnahmen, die bei einem Besuch der Praxis zu beachten sind (s. auf unserer Webseite), sind evtl. noch zu erdulden. Sicher schon erheblich problematischer ist, dass es durch Vermeidung von Vorstellungen in Krankenhäusern v.a. während der ersten Welle (Lockdown!) häufiger zu Infarkten und Schlaganfällen kam, die ambulant auskuriert wurden. Die nicht adäquate Betreuung dort trug zur registrierten Übersterblichkeit in dieser Zeit bei.
Inzwischen gibt es aber neue wichtige Daten zu Einflüssen einer COVID-19-Infektion auf Herzkreislauferkrankungen bzw. -Ereignisse – sowohl in der Frühphase als auch in einer Zeitspanne schon deutlich nach Infektion.
Für die Frühphase analysierte man in Schweden nationale Registerdaten von 86.742 Personen, die bis 09/20 an COVID-19 erkrankten (Katsoularis I Lancet 2021;398:599).
Um ihre Ergebnisse bestmöglich zu belegen, stellten die Autoren gleich 2 Vergleiche an: Einen Vergleich einer Zeitspanne von Wochen vor mit Wochen nach dem Infekt als auch einen Vergleich der COVID-Patienten mit einer 340.432 Personen umfassenden Kontrollgruppe ohne COVID-19. Fazit beider Vergleiche: COVID-19 führt zu einer deutlichen Zunahme von Herzinfarkten und Schlaganfällen. Bei der Analyse gegen die Kontrollgruppe betrug die Ereignisrate bei COVID-Patienten ca. das 3-6 fache.
Für die Monate nach COVID-19 erschien Anfang Februar eine Veröffentlichung (Nature Med 2022, Al-Ali Z et al).
Untersucht wurde dazu zwar eine etwas spezielle Menschengruppe (über das Kriegsveteranenministerium der USA „Veterans Administration“ versicherte Personen, davon über 90 % Männer über 60 Jahre), aber in sehr großer Anzahl: 154.000 Personen, die 03/20 bis 01/21 an COVID-19 erkrankten im Vergleich zu jeweils 5-6 Millionen Menschen ohne COVID im gleichen Zeitraum und vor der Pandemie), so dass den Ergebnissen schon ein gewisses Aussagegewicht zukommt. Hiernach gab es 4,5% zusätzliche Herzkreislaufereignisse (Herzinfarkte, Schlaganfälle, akute Herzschwäche, Lungenembolien, Herzrhythmusstörungen u.a.) bei Personen nach COVID-19 im Folgejahr. Dabei stieg das Risiko der Herzkreislaufereignisse mit der Schwere der durchgemachten COVID-19-Infektion.
Selbst wenn die COVID-19-Erkrankung (und manchmal langwierige Folgebeschwerden) vorbei erscheinen, die Gesundheitsrisiken begleiten infizierte Menschen weiter. Erkrankung und v.a. schwere Verläufe können wir durch Impfungen wirkungsvoll verhindern. Und damit schwere Herzkreislaufereignisse sowohl in der unmittelbaren Erkrankungsphase als auch lange danach gleich mit. Ein weiteres Plädoyer für die Impfung somit auch von den Kardiologen...
2023 | Klima und Kardiologie
Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient,
Der Klimawandel ist nicht nur ein ökologisches, ein gesellschaftliches Thema.
Er hat auch Einfluss auf das Herzkreislaufsystem – schon ohne, aber mehr noch bei Vorerkrankungen.
Der Einfachheit halber betrachten wir Klimawandel hier als Häufung/Intensivierung von speziellen Wettereinflüssen, letztlich physikalischer Einflussgrößen auf den Organismus.
Dabei geht es nicht nur um die Hitze, die einem bei diesem Thema sicher zuerst einfällt. Die Rolle von Luftfeuchtigkeit, Wind, raschen Temperaturänderungen ist nicht zu unterschätzen. Eine Analyse von Häufigkeiten eines Herzinfarktes zeigte, dass dieser eher bei Kälte als bei Hitze auftritt, aber Temperaturstürze eher im Sommer als im Winter zu akuten Herzinfarkten führen (Claes MJ et al, Climate and environmental triggers of acute myokardial infarction. European Heart Journal 2017; 38: 995).
Eine Langzeitanalyse in Augsburg zeigte: Durch Kälte induzierte Infarkte nehmen ab, durch Hitzewellen ausgelöste Infarkte häufen sich.
(Chen K et al. Temporal variations in the triggering of myocardial infarction by air temperature in Augsburg, Germany, 1987-2014. European Heart Journal 2019; 40:1600).
Nachfolgende Hinweise beziehen sich v.a. auf das Hauptthema – der größeren Hitze.
„Herz und Hitze“- HINWEISE
1.Tagesablauf
Bei großer Hitze weniger Zeit „im Freien“ verbringen, Schatten suchen, „Mittagshitze“ meiden.
Beachte: Maximaltemperaturen werden üblicherweise nicht am Mittag, sondern in den späteren Nachmittagsstunden erreicht (ca. 16:00 Uhr).
2. Zur Zeit der höchsten Temperaturen zumindest größere Belastungen meiden.
Zur Aufrechterhaltung der Umfänge körperlicher Belastung diese in Abend- oder noch besser in Morgenstunden verlegen.
Stichwort: Frühsport und Mittagsruhe.
Gar nicht belasten über Wochen bedeutet Konditionsverlust!
3. Anpassung auch der Schlafzeit: zeitiger aufstehen, mittags dafür großzügiger „Schlummerphase“ einplanen. Stichwort: Siesta, mediterrane Tagesabläufe.
4. Kleidung
sollte natürlich leicht sein. Unbedeckter als sonst kann aber zu mehr Sonneneinwirkung führen. Wichtiger als weniger Kleidung (weniger Sonnenschutz!) ist die „Luftigkeit“, Luftdurchlässigkeit. Luftdicht dagegen bedeutet oft Wärmestau! Das gilt auch für Kopfbedeckungen.
Ideal ist Kleidung, die umgangssprachlich „atmet“, auch Feuchtigkeit aufnimmt.
4. Kreislaufwerte
Der Puls ist häufig bei Hitze höher. Dies sollten v.a. Patienten berücksichtigen, die auch bei normalen klimatischen Bedingungen zu höherem Puls neigen.
Auf den Blutdruck kann Hitze unterschiedlich wirken: Hitze treibt das Herz an, dadurch wird mehr Blut durch den Kreislauf gepumpt und der Blutdruck steigt.
Hitze stellt gleichzeitig kleine Gefäße weit, der Widerstand im Kreislaufsystem fällt, und damit der Blutdruck. Zudem führt Flüssigkeitsverlust (vermehrtes Schwitzen) zu geringerem Blutvolumen und darüber fällt der Blutdruck ebenfalls.
Welche Effekte überwiegen, ist individuell unterschiedlich. Zumeist überwiegt ein Absinken des Blutdrucks. Auch ohne Beschwerden sollte der Blutdruck in solchen Phasen mal gemessen werden, um zu „lernen“, zu welchem Reaktionstyp man gehört.
Medizinische Folge eines niedrigen Blutdrucks in solchen Situationen ist oft eine starke Kreislaufreaktion beim Aufsetzen/Aufstehen/Aufrichten (sog. Orthostase).
Besteht eine Neigung dazu, Vorsicht und langsam, ggf. „stufenweise“ aufrichten.
Ein gewisses Maß an körperlicher Aktivität (etwas Hin und Hergehen) kann bei besonders niedrigem Druck aber durchaus hilfreich sein.
5. Flüssigkeitsbilanz, Flüssigkeitszufuhr
Diese zu berücksichtigen, ist nicht nur für den Blutdruck wichtig. Flüssigkeitsmangel führt zu reduziertem Blutvolumen, das Blut „dickt ein“, es steigt die Gefahr von Thrombosen und Embolien.
Zumeist sollte daher etwas mehr getrunken werden als zu normalen klimatischen Bedingungen.
Ein „zuviel davon“ kann aber auch gefährlich werden – v.a. bei Patienten mit Herzschwäche und Klappenfehlern. Daher: Engmaschiger Gewichtskontrollen! Das Gewicht spiegelt die Flüssigkeitsbilanz der letzten Tage wider.
Besondere Beachtung: Alkohol weitet kleine periphere Gefäße - ähnlich dem Effekt von Hitze. Beide Faktoren ergänzen sich daher evtl. in potentiell gefährlichem Maße.
Gelegentlich muss wegen des niedrigeren Blutdrucks und zur Aufrechterhaltung der Flüssigkeitsbilanz die Dosis der Wasser treibenden Tabletten reduziert werden. Diese Änderung ist die häufigste Anpassung der Medikation in Hitzephasen.
6. Medikation
Bitte nicht selbst Tablettendosierungen ändern. Der Arzt sollte hierzu Empfehlungen geben, für die er nicht nur Kreislaufwerte, sondern z.B. auch Herz- und Nierenfunktion (Laborwerte!) berücksichtigt. Oftmals kann dann gleich ein Szenario der Wiedereinnahme alter Therapiepläne ab Herbst besprochen werden.
8. Arztkonsultation
So plötzlich, wie Wetterwechsel (Hitzewellen) kommen, kommen auch Patienten in die Praxis. Zusätzlich zu schon länger vorbestellten Patienten.
Um allen gut und Ihnen zielgenau helfen zu können:
2023 | Nikotin unter Strom oder Wasserdampf
Der Wolf unter dem Schafspelz:
Nikotin unter Strom oder Wasserdampf
Wenn Sucht neue, „moderne“ Wellen findet, braucht es neue Aufklärung.
Zu schick war schon die Vorstellung der E-Zigarette als harmlosere Alternative zur „echten“ Zigarette. Und so, quasi über einen „milden“ Zwischenschritt zur Entwöhnung führt. Eine ähnliche Vorstellung besteht beim Vapen („Dampfen“).
Zugegeben, es gibt Daten, die bestätigen, dass eine substantielle Anzahl Raucher auf diesem Weg zum Nikotinverzicht kam (auch im Vergleich z.B. mit Nikotinpflastern). Für andere Personen bedeuteten diese neuen Nikotinkonsummöglichkeiten umgekehrt aber einen leichteren Einstieg in den Nikotinkonsum.
Schwerer belegbar, aber zumindest mit Hinweisen behaftet ist, dass ohne E-Zigarette oder „Dampfer“ einige unter ihnen sonst nicht zum Raucher geworden wären. Dies liest man aus Umfragen ab, die die Argumente der Konsumenten, E-Zigaretten oder Vaper/Dampfer (nachfolgend E&V) zu verwenden zum Ziel hatten:
- Moderne „Utensilien“ zum Rauchen bedienen das „tech appeal“ der Jugendlichen (1)
- Gerade unter Jugendlichen besteht der Wunsch der Kombination des Rauchens/Dampfens... mit besonderem Geschmack. Der „Lockvogel“ Menthol ist ja schon aus dem Zeitalter herkömmlichen Zigarettenkonsums bekannt, inzwischen ist die Geschmackspalette divers und interferiert erfolgreich mit der ebenso Jugend-affinen Schischa-Szene.
Damit wird gleich ein ganz besonderes Problem offensichtlich: Selbst, wenn einige (ältere) Raucher zur Entwöhnung gebracht werden konnten: Neue Nikotinkonsumenten rekrutieren E&V gerade unter Jugendlichen – den langjährigen Konsumenten der Zukunft. Denen, deren junge Körper teilweise noch schlechter diverse Schädigungsmechanismen tolerieren.
Wie können wir nun aufklären?
Durch klare Belege, Faktenlage - und Geduld.
Besonders „ziehende“ Argumente wären natürlich schwere, darauf zu beziehende klinische Ereignisse, wie Herzinfarkt, Schlaganfall (und außerhalb der Kardiologie v.a. Krebs und chronisch obstruktive Lungenkrankheit „COPD“). Aber das sind Langzeitfolgen, und so lange sind E&V noch nicht verbreitet (E-Zigaretten begannen vor knapp 20 J).
Insofern KÖNNEN solche Gefährdungsstatistiken noch nicht bekannt sein.
Daher ist folgerichtig, dass die amerikanische kardiologische Fachgesellschaft „AHA“= American Heart Association ein (Warn-) Statement nicht in einem klinischen, sondern einem führenden kardiologisch-grundlagenwissenschaftlichen Journal veröffentlich hat (1).
Die darin enthaltenen Hinweise sind zu zweiteilen:
1. E&V enthalten schädliche (toxische, krebserregende) Stoffe.
Es wird darauf hingewiesen, dass irreführender Weise viele Inhaltsstoffe offiziell als unschädlich gelistet werden. Neben der langen Entwicklungsdauer der Folgeerkrankungen und Ereignisse spielt eine Rolle, dass die Substanzen nicht über eine Inhalation geprüft wurden. Die Folgekonzentrationen in Lunge und Zirkulation sind nicht hinreichend bekannt. Bekannt dagegen ist, dass die Temperaturen bei Benutzung von „E-Liquids“ zu Zersetzungen organischer Stoffe führen – mit Bildung von solchen Carcinogenen wie Acetaldehyd, Acrolein, Diacetyl und Formaldehyd. Abbauenzyme für Noxen, die nach Einnahme in der Leber funktionieren, sind in den Atemwegen und der Lunge viel weniger vorhanden, um nach Inhalation zur Detoxikation beitragen zu können. Die Bildung von krebserregenden Benzoapyrenen aus E-Zigaretten-Aerosol ist ein Beispiel.
2. Mechanismen der Gesundheitsschädigung durch E&V
Lungenerkrankungen durch E&V wie Bronchiektasen, Verschlechterung von Verläufen eines Asthma bronchiale, Schädigungen der Bronchialschleimhäute und Anstieg der Infektanfälligkeit sind in der Pneumologie beschrieben.
An Herzkreislaufeffekten sind z.B. eine stärkere Arteriensteifigkeit (dieser Parameter gilt als Indikator der Gefäßalterung und führt auch zu einer reduzierten Durchblutungsreserve bei Belastungen), Anstiege von Puls, Blutdruck, dem sympathischen Nervensystems (dessen längere Aktivierung immer eine Schädigung des Herzkreislaufsystems zu Folge hat) publiziert.
Organübergreifend zeigen mehrere Arbeiten eine Erhöhung des sog. oxidativen Stresses (ein genereller Zellschädigungsweg, der durch sog. Antioxidantien, die in Apotheken und Reformhäusern beworben werden, nicht hinreichend abgeschwächt werden kann). Ein Anstieg verschiedener Biomarker weist auf Änderungen des Immunsystems, speziell auf einen Anstieg von Entzündungsprozessen hin.
Viele der neu untersuchten Mechanismen ähneln zumindest denen bei herkömmlichen Zigarettenrauchern. Die erwähnten Folgeereignisse (Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall) lassen daher evtl. nicht mehr lange auf sich warten.
Fazit
Literatur
Wold LE. Cardiopulmonary consequences of vaping in adolescents: A Scientific Statement from the American Heart Association. Circulation Research 2022; 131: e70).
2024 | Katheterbehandlung verengter Herzkranzgefäße (Stents)
Katheterbehandlung verengter Herzkranzgefäße (Stents):
...Behandle sowohl höchstgradige als auch instabile/gerinnungsaktivierende („vulnerable“) Verengungen!
Durch Atherosklerose verstopfte Gefäße, die den lebenswichtigen Herzmuskel mit Blut versorgen – ein Bagatellbefund?
Kann man sich kaum vorstellen, konnten sich auch lange KardiologInnen nicht vorstellen.
Mehrere Langzeitstudien zeigten aber, dass es mit einer Herzkatheterbehandlung (Stents) gar nicht so einfach ist, die Lebenserwartung der so behandelten PatientInnen zu verbessern, allenfalls Beschwerden (Angina pectoris, oft auch Luftnot).
Folge war, dass für eine Katheterbehandlung neben erheblichen Beschwerden ein Beweis gefordert wurde, dass entweder ein ausreichend großer Herzmuskelbezirk (bei einer Belastungsultraschalluntersuchung, einer Herzmuskelszintigraphie oder Belastungs-Herz-MRT-Untersuchung) unter der Minderdurchblutung leidet. Oder, bei der Katheteruntersuchung wird zusätzlich zum Verengungsgrad gezeigt, dass der Blutfluss durch die Verengung stark gedrosselt wird.
Schon fast ein halbes Jahrhundert folgen viele wissenschaftliche Untersuchungen aber der Hypothese, dass nicht nur der Verengungsgrad (mit Gedankenkette - Flussabnahme im Herzkranzgefäß - Ausmaß des Blutmangels im Herzmuskel) einen Einfluss auf die Prognose (Lebenserwartung) hat. Auch die Struktur der Verengung scheint eine Rolle zu spielen. Diese Theorie ist vergleichbar mit der Vorstellung, dass in einer Gebirgskette nicht nur die Höhe der Berge eine Gefahr ausmacht, sondern auch, ob es sich bei dem jeweiligen Berg um einen mit einem Krater handelt, aus dem sich ein Vulkanausbruch ereignen kann. Bei den Herzkranzgefäßen spricht man nicht von Kratern und Vulkanen, sondern vulnerablen (aufbrechbaren und die Gerinnung aktivierenden) Verengungen. Haken dabei: Bislang gab es keine Therapiestudie, die beweisen konnte, dass die Beseitigung oder Behandlung solcher vulnerablen (manchmal gar nicht so starken) Verengungen die Prognose verbessert.
Dies hat sich nun durch eine große Studie von Forschenden mehrerer asiatischer Länder geändert. Erstmals konnte jetzt, und dies aufgrund der Größe der Studie (untersuchte Patientenzahl) und der Größe der Ergebnisdifferenzen sehr eindrücklich, gezeigt werden, dass bei Behandlung nicht nur der ausgeprägtesten Verengungen, sondern auch der vulnerablen Stellen an den Herzkranzgefäßen die Prognose verbessert wird (1).
Dafür wurden in der Studie mehrere Bild gebende Zusatztechniken herangezogen, die die vulnerablen Charakteristika der Verengungen besser darstellen (Ultraschall von der Innenseite der Gefäße, optische Kohärenztomographie, Bildgebung im dem Infrarot nahen Lichtspektrum u.a.). Methoden, die zum Teil schon Einzug in die Katheterlabore gehalten haben und sich nun sicher deutlicher im Alltag etablieren werden.
In der sonst trocken erscheinenden wissenschaftlichen Literatur sprechen einige Kommentatoren bereits von einer die Kathetertherapie „revolutionierenden“ Studie.
Uns freut das doppelt.
Zunächst haben wir selbst mit wissenschaftlichen Bemühungen versucht beizutragen, PatientInnen mit vulnerablen Stellen an den Herzkranzgefäßen zu identifizieren (2,3). Die Schwierigkeit des Nachweises, ist eine Verengung vulnerabel, ist sicher schuld daran, dass Therapieempfehlungen lange auf sich warten ließen.
Vor allem aber freuen wir uns, dass wir im Katheterlabor zukünftig noch passgenauer Entscheidungen fällen können, wer wann und wo mit Stents behandelt werden sollte. Auch wenn Studienergebnisse immer erst noch praktikabel in den klinischen Alltag eingearbeitet werden müssen – Sie können sicher sein, diese Vorgänge werden wir aufmerksam für eine raschest- und bestmögliche Umsetzung verfolgen.
1. Park SJ et al. Preventive percutaneous coronary intervention versus optimal medical therapy alone for the treatment of vulnerable atherosclerotic coronary plaques (PREVENT): a multicentre, open-label, randomised controlled trial. Lancet. 2024 Apr 4:S0140-6736(24)00413-6
2. Schulz O et al. Pregnancy-associated plasma protein A values in patients with stable cardiovascular disease: Use of a new monoclonal antibody-based assay. Clinica Chimia Acta 2011; 412:880-6
3. Schulz O et al. Clinical differences between total PAPP-A and measurements specific for the products of free PAPP-A activity on patients with stable cardiovascular disease. Clinical Biochemistry 2014; 47:177-183
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